Die
Koffer sind gepackt. Fertig zum Aufbruch. Zur Abreise, zum Verlassen der
Stadt. Für eine Aktion der "Intro Graz Spection" stellt ein
Künstler, der anonym bleiben will, 250 Figuren in den urbanen Raum der
"Kulturhauptstadt Europas". In der Überzahl sind die
Reisenden Frauen, die mit ihrem Gepäck in der Hand
Aufbruchsbereitschaft bekunden. Mit billiger Dispersionsfarbe schwarz
und weiß auf Pappe gemalt, verbreiten die im Herzen der Stadt
aufgestellten, mit Lack wetterfest gemachten Figuren einen Hauch von
Endzeitstimmung. Zeit zum Fortgehen. Nur schnell weg von hier. 
Seit
1999 belebt der Künstler mit seiner "Kunst im öffentlichen
Raum" (nicht nur) das Grazer Alltagsbild. Comicfiguren auf der
Hauptbrücke, Muskelprotz Arnie in der Herrengasse, die Schlümpfe vor
der Kunsthaus-Baustelle, Bettler-Darstellungen im Kreuzgang des
Minoriten-Klosters oder ein (angeblich) Blinder, der angesichts des
kulturhauptstädtischen Treibens in pure Verzweiflung gerät: "Ich
kann keine Kunst mehr sehen." Irritationen an sattsam bekannten
Orten, die einer Schule der Wahrnehmung gleichkommen, Objekte, die mit
den Passanten kommunizieren. Freilich eine Kunst auf Zeit:
Ordnungshüter, Putztrupps oder "Sammler" pflegen die mit
Klebebändern fixierten Figuren zu entfernen. In Graz ebenso wie in
Wien, Salzburg, München oder Venedig.
Der geniale Fußballtrainer ist der Stadt abhanden gekommen, sein
Lieblingsspieler auch. Eine Intendantin hat fluchtartig Graz verlassen,
ein Intendant bereitet seine Abreise vor. Die Gäste sind wieder
heimgekehrt, junge, einheimische Künstler machen sich auf den Weg.
Ungewisse Zukunft vor Ort. Ängste, Befürchtungen. Ziehen die
Pappkameradinnen und ihre Gefährten aus diesem Grund um? Reisende oder
gar Vertriebene? In jedem Fall Menschen in Bewegung, die auf ein neues
Zuhause warten. Die vom Künstler geschaffen und ausgesetzt wurden. Mit
Tixo an Lichtmasten, Brückengeländer oder Absperrungen gefesselt.
Einsame an öffentlichen Marterpfählen. Erstarrte Sehnsüchte.